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Freitag, April 19, 2013

Neues auf dem GROSSEN Blog zum Rostocker Theater

Auf dem GROSSEN Blog (www.vtrblog.wordpress.com oder etwas schneller aufgerüfen über www.vtrblog.hux.de) gibt es viele neue, interessante Diskussionsbeiträge auch zu älteren Artikeln. So halte ich die Kommentare 13-15 zum Artikel "Das schlägt dem Faß die Krone ins Gesicht!" für sehr lesenswert. Und zum Beitrag "Dummheit kann man nicht verbieten" scheint sich eine Diskussion zur Finanzierung von Kultur, insbesondere zu potentiellen Umverteilungsmöglichkeiten von Geldern zugunsten von Bildung und Kultur anzubahnen.

Jeder kann mitdiskutieren! Die Beiträge werden nicht "moderiert" (was allerdings nicht bedeutet, dass hirnloses Gedödel stehen bleibt: es gilt die Netiquette).

Sonntag, März 10, 2013

Ein detaillierter Textvergleich

Frau Dr. Bachmann hat akribisch die Unterschiede zwischen den beiden Bürgerschaftsbeschlüsse dokumentiert und kommentiert. Das Ergebnis ist hier nachlesbar.

Posted by Dr. Günter Hering at 12:24
Edited on: Sonntag, März 10, 2013 12:31
Categories: Bürgerschaft Rostock, Konzeption(en), Landesregierung

Montag, März 04, 2013

Gegen Theatermüdigkeit

Gegen Theatermüdigkeit gibt es offenbar viele Rezepte, wie ein heute in der Ostseezeitung veröffentlichter Artikel zeigt:

http://www.ostsee-zeitung.de/nachrichten/kultur/index_artikel_komplett.phtml?param=news&id=3706420.

Was würden SIE dem Volkstheater vorschlagen?

Donnerstag, Februar 14, 2013

Ohne Intendanten???

Ab 2015 also ohne Intendanten! Diesen Vorschlag, der die sagenhafte Summe von 200.000 € einsparen könnte (über welchen Zeitraum eigentlich?), vermeldete die Online-Ausgabe der OZ am 10.2.2013 ("Intendanz steht vor dem Aus"). Das paßt doch zu bisherigen Überlegungen, die ich bereits am 5.2. auf diesem Blog notierte (Wie unredlich die Presse mit dem Volkstheater umgeht... ):

  • WARUM das Theater platt gemacht werden soll, hat OB Methling auf dem 1. OZ-Volkstheaterforum in einem unbedachten Nebensatz verraten: "2015 wird das Große Haus ohnehin abgerissen".
  • Aber um das Gebäude 2015 abreißen zu können, muss zuvor die Organisation VTR beseitigt werden. Da bleibt nicht mehr viel Zeit für die vielen notwendigen Teilaktivitäten:
  • Die besten Kräfte vergraulen (ist schon recht gut gelungen),
  • Gebäude permanent schlecht reden und schreiben (dabei hilft leider auch der Intendant),
  • Theater am Stadthafen als Spielstätte kündigen (angeblich aus Kostengründen, faktisch jedoch, damit nichts Bespielbares mehr bleibt, wenn das Große Haus abgerissen ist),
  • die Intendatensuche aussetzen (weil es ab 2015 keine Spielstätte mehr geben soll),
  • mit der Vision eines Theaterneubaus ablenken (dabei hilft leider auch der Intendant).

Ja und wenn das Große Haus 2015 ohnehin abgerissen wird und zuvor schon das Theater am Stadthafen gekündigt wurde (Die Medien und das Volkstheater. Brecht im Stadthafen) , brauchen wir in der Tat nach 2014 keinen Intendanten mehr! Weil wir dann keine Spielstätte mehr haben. Dann kann Herr Methling wirklich die Theaterangestellten verkaufen (siehe Postkartenaktion "Volkstheater muss sein" ).

Wieso reden eigentlich einige noch immer über einen Theaterneubau? Wer soll denn da nach 2018 oder später spielen?

Dienstag, Februar 12, 2013

Es geht auch anders, aber wir reden lieber aneinander vorbei

Da war ich also gestern Abend bei der "Konkurrenz", bei Tino Eisbrenner in der Bühne 602, bei einem wunderbaren Brechtprogramm. Alles das, was ich seit langem am Volkstheater vermisse (das Tanztheater ausgenommen), gab es bei Eisbrenner. Warum nur will das VTR nicht vergleichbare Abende anbieten? Am Können der Akteure liegt es ganz gewiss nicht!

Auf www.das-ist-rostock.de hatte ich einen Leserbrief zum Bericht des in den Theaterferien vom VTR veranstalteten Kreativlabors, mit 70 teilnehmenden Kindern, eingestellt. Meine Kernaussage: Prima Sache, aber fürs Überleben des VTR viel zu wenig Öffentlichkeit. Wo bleibt das weitergehende Engagement? Den Zeitungsartikel, meinen Leserbrief und eine Entgegnung dazu kann man hier nachlesen.

Auf meine kritische Anmerkung, dass seitens der Betroffenen viel mehr für die öffentliche Wahrnehmung zu tun ist als mit 70 Kindern eine Woche Freizeitaktivitäten zu organisieren, so überragend gut sie auch sein mag, gab es eine merkwürdige Reaktion. Eine Barbara merkte an:

  • Zunächst mal das "marode Gebäude" - das darf ja in keinem Text übers VTR fehlen.
  • Es sei "dies definitiv nicht der richtige Rahmen um Kritik zu üben".
  • "Solch eine wunderbare Aktion in Frage zu stellen ist lächerlich".

Spätestens beim dritten Punkt wird es höchst ärgerlich. Denn erstens habe ich die Aktion nicht in Frage gestellt (bitte nachlesen) und zweitens ist "lächerlich" keine netiquette-angemessene Vokabel. Also habe ich einen zweiten Leserbrief geschrieben. Und jetzt passierte, was leider beim VTR-Thema auffällig oft vorkommt: Mein zweiter Text wurde einfach wegzensiert! Deshalb stelle ich ihn hier ein. Bitte befindet selbst, was daran nicht veröffentlichungswert sein könnte:

Die Kommunikationsmöglichkeiten werden immer besser, die Kommunikation selbst immer miserabler. Weil immer mehr Menschen oberflächlicher lesen und sich kaum noch bemühen, das Anliegen anderer zu verstehen.

Ich habe, anders als es Barbara behauptet, nichts in Frage gestellt, im Gegenteil. Wer den ersten Absatz meiner Zuschrift vom 11.2. liest, sollte das erkennen. Ich habe auch keinen "Aktionismus" gefordert, sondern Engagement der Theatermannschaft weit über die Abarbeitung des Spielplans und über die Arbeit mit 70 Kindern hinaus. Und wieso ist ein Zeitungsartikel über Theaterarbeit "definitiv nicht der richtige Rahmen um Kritik zu üben"?

Im übrigen bin ich dafür, Diskussionen offen zu führen. Dazu gehört für mich auch die vollständigen Nennung des Namens. Bitte lassen Sie uns gemeinsam für eine sichere Zukunft des Theaters engagieren, statt einander zu bekritteln!

Posted by Dr. Günter Hering at 19:19
Edited on: Samstag, März 09, 2013 12:46
Categories: Bürgermeinungen, Konzeption(en), Kultur ist Mehrwert

Mittwoch, Januar 16, 2013

Hingegangen. Gestern

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Auch ich war hingegangen. "Hunderte Menschen", wie die SVZ berichtet, konnte ich nicht zählen. Es waren deutlich weniger. Das war zu erwarten angesichts des kurzen Informationsvorlaufes (knapp ein Tag). Aber es hat geholfen. Die Bürgerschaft bewilligte einstimmig (!!!) die notwendigen Gelder für die Theaterrettung: Eine Finanzlücke von 1,3 Millionen Euro soll geschlossen werden durch

  • Auflösung einer Rückstellung in Höhe von 867 000 Euro auflösen.
  • Das Volkstheater erhält 2013 zusätzlich 300 000 Euro von der Stadt und weitere 130 000 Euro für Investitionen
  • Für 2014 erhält die GmbH einen um 900 000 Euro höheren Zuschuss als bisher eingeplant.
  • Gleichzeitig verpflichtet sich die GmbH, nach Einsparmöglichkeiten zu suchen und sie wird strenger kontrolliert
  • Auch über die 500 000 Euro zusätzliche vom Land in Aussicht gestellte Förderung wird wieder verhandelt.
Quelle: http://www.ostsee-zeitung.de/rostock/index_artikel_komplett.phtml?param=news&id=3659643, siehe auch

http://www.ostsee-zeitung.de/rostock/index_artikel_komplett.phtml?param=news&id=3659641

Ein sehr kurzes Video zur Demo findet sich auf

http://video.ostsee-zeitung.de/?bcpid=47889132001&bclid=47999957001&bctid=2096956848001&refer=homepage

Posted by Dr. Günter Hering at 15:20
Edited on: Mittwoch, Januar 16, 2013 18:18
Categories: Bürgermeinungen, Finanzen, Konzeption(en), Kultur ist Mehrwert, Landesregierung, Theater-GmbH

Dienstag, Januar 15, 2013

HINGEHEN! HEUTE!

Die NNN berichtet heute, dass aus Anlass der Dringlichkeitssitzung der Bürgerschaft davor eine Demonstration der Theatermitarbeiter stattfindet. Es sollte in unser aller Interesse liegen, dass so viele Bürger wie möglich sich an dieser Demo beteiligen! Ort: Rathaus Rostock, Zeit: heute (15.1.2013) ab 18:00 Uhr.

Mehr zum aktuellen Stand auf http://www.svz.de/nachrichten/lokales/rostock/artikeldetails/artikel/heute-schicksalstag-fuer-das-volkstheater.html

15.01.2013 Dringlichkeitssitzung der Bürgerschaft

sitzungsdienst@rostock.de (Hansestadt Rostock), 2013/BS/018 Dringlichkeitssitzung der Bürgerschaft Datum: 15.01.2013, Uhrzeit: 18:30 Raum: Sitzungssaal der Bürgerschaft, Rathaus Neuer Markt 1, 18055 Rostock

TOP Betreff Vorlage
Ö 1 Eröffnung der Sitzung, Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Einladung und der Beschlussfähigkeit
Ö 2 Änderungen der Tagesordnung
Ö 3 Genehmigung der Niederschrift der Sitzung vom 05.12.2012 2012/BS/027
Ö 4 Mitteilungen der Präsidentin
Ö 5 Anträge
Ö 5.1 Eva-Maria Kröger (für die Fraktion DIE LINKE.) Anpassung des Haushaltsplanentwurfes 2013 - Volkstheater Rostock GmbH 2012/DA/4181
Ö 5.2 Dr. Sybille Bachmann für die Fraktion Rostocker Bund/Graue/Aufbruch 09 Abwendung einer Insolvenz der VTR GmbH und Absicherung des Spielbetriebes 2013/AN/4244
Ö 5.3 Dr. Sybille Bachmann (für die Fraktion Rostocker Bund/Graue/Aufbruch 09) Gewinne der HERO GmbH 2012/AN/4147
N 5.3.1 (nichtöffentlich)
Ö 6 Beschlussvorlagen
Posted by Dr. Günter Hering at 12:09
Edited on: Dienstag, Januar 15, 2013 12:42
Categories: Finanzen, Konzeption(en), Kultur ist Mehrwert, Oberbürgermeister, Personal, Sparten, Stadt Rostock, Theater-GmbH

Donnerstag, Januar 10, 2013

Theatertötung als Insolvenzabwehr?

Der Geschäftsführer des Volkstheaters, Stefan Rosinski, stellte zur Abwehr der Insolvenz ein Maßnahmeprogramm mit vier Punkten vor:

  1. Die drohenden betriebsbedingten Kündigungen müssen sofort ausgesprochen werden.
  2. Alle beweglichen Gegenstände müssen veräußert werden,
  3. das Orchester wird auf 66 Stellen reduziert.
  4. Die Sparte Tanz wird geschlossen

Angesichts dieser Lage ist selbst von Verhandlungen über einen Haustarif am Volkstheater nicht mehr die Rede.

Die einzige Möglichkeit, wenigstens etwas Geld zu sparen, liegt nach Rosinski bei den Neuproduktionen: „Wir müssten ab Sommer ohne zusätzliche Verträge auskommen: keine Gastsolisten, keine Gast-Regisseure für neue Produktionen. Und selbst das würde uns nicht wirklich weiterhelfen.“

Im Schauspielensemble werden nach den Kündigungen von derzeit 19 Stellen 12 übrig bleiben. „Wir haben vier Bühnen zu bespielen“, kommentiert Schauspieldirektor Jörg Hückler. „Das ist mit 12 Schauspielern nicht mehr möglich. Wir werden unsere Aufführungen massiv einschränken müssen.“

Die Belegschaft des Volkstheaters will bis dahin nicht den Kopf in den Sand stecken: Sie plant Protestaktionen, die in den kommenden Wochen in Rostock auf die prekäre Lage des Volkstheaters aufmerksam machen sollen. Na endlich, besser (viel zu) spät als überhaupt nicht. Und hoffentlich rechtzeitig und breit genug angekündigt!

Mehr zum aktuellen Stand auf http://www.das-ist-rostock.de/artikel/48694_2013-01-10_insolvenzberater-am-volkstheater/ . Dort gibt es auch interessante Lesermeinungen, die offenbar von NNN und OZ nicht gedruckt werden.

Was eigentlich bezweckt wird und von wem, macht der heutige Artikel von Juliane Hinz in der NNN deutlich (http://www.svz.de/nachrichten/lokales/rostock/artikeldetails/artikel/theater-mitarbeiter-stehen-vor-ungewisser-zukunft.html): Die "Bilanz der Theater GmbH könnte dadurch aufgewertet werden, dass die Gesellschaft an Vermögen gewinnt. Dies könnte auch eine Immobilie wie das Große Haus sein. Die Hauptspielstätte war bislang Eigentum der Stadt und ist gerade an den Kommunalen Eigenbetrieb für Objektbewirtschaftung (KOE) übertragen worden. Die Theaterwerkstätten am Gerberbruch gehören noch immer der Stadt und sollen erst 2014 den Besitzer wechseln. Beide Immobilien sind marode, befinden sich aber an günstigen Standorten mit wahrscheinlich hohem Grundstückswert".

Das also ist wohl der Plan:

  • Jetzt schon mal die Totenglocken läuten,
  • dann zur "Rettung" die beiden Immobilien (mit hohem Grundstückswert!) übertragen.
  • Diese "Rettung" verzögert aber nur die Insolvenz. Das Volkstheater muss schließen.
  • Damit sind die hochwertigen Immobilien frei für andere Verwertungen, noch dazu zum günstigen Konkurswert! Zugleich kann das Stadthafen-Theaterprojekt unseres Oberbürgermeisters zügig vorangetrieben werden - zugunsten der Immobilienaufwertung im Stadthafenbereich.

Wer erinnert sich nicht an den Ausspruch von OB Methling auf dem ersten OZ-Theaterforum, dass das große Haus ohnehin 2015 abgerissen würde?

DAs "Milieu" ist eben immer und überall - zumindest in Rostock. Und alle spielen mit???

Bitte unbedingt auch lesen: http://ob2019.files.wordpress.com/2011/12/12-12-28-alle-gegen-jeden.pdf

Montag, Januar 07, 2013

Theaterstrukturdebatte - Rostocker Modell

Frau Dr. Bachmann schreibt zur Theaterstrukturdebatte folgendes (übernommen aus MVPO vom 25.12.2012):

Die Modelle der METRUM GmbH zur Struktur der Theater und Orchester in Mecklenburg-Vorpommern sind vom Kopf auf die Füße zu stellen.

Kern der Landesmodelle ist die Finanzsicht anstelle eines Landeskulturkonzepts. Zudem basieren die Modelle auf einer nicht korrekten Datenbasis und enthalten unrealistische Annahmen, so z. B. ist ein einheitlicher Haustarif bei gleichzeitig sehr hohem Stellenabbau vorgesehen. Beschäftigte und Gewerkschaften können dem nicht zustimmen. Die erwarteten Einsparungen sind nicht nur in diesem Punkt in keiner Weise überprüfbar. Künftige Mehrkosten sind ebenfalls nicht vorgesehen, bis auf die Kosten der Kündigung von fast 200 Theaterschaffenden, die selbstverständlich zum größten Teil durch die Kommunen übernommen werden sollen.

Ein Blick auf die Ausgangsbasis der Modelle, das vermutete Defizit von 12 Mio. Euro aller Theater in Mecklenburg-Vorpommern bis 2020, macht deutlich, dass bis auf die Theater in Schwerin und Vorpommern die Fehlbedarfe aller Theater außer denen von Schwerin und Vorpommern durch andere Maßnahmen als Fusionen gedeckt werden können:

  • 5,2 Mio. Euro beim Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin
  • 3,4 Mio. Euro beim Theater Vorpommern
  • 1,0 Mio. Euro beim Volkstheater Rostock
  • 900 TEUR bei der Theater- und Orchestergesellschaft Neubrandenburg/Neustrelitz
  • 400 TEUR bei der Vorpommerschen Landesbühne Anklam
  • 400 TEUR beim Mecklenburgischen Landestheater Parchim
  • 100 TEUR beim Theater Wismar
  • 100 TEUR beim Ernst-Barlach-Theater Güstrow.

Das kann nur zu einer Schlussfolgerung führen: Schwerin und Vorpommern müssen ihre Theater zunächst intern sanieren, damit sie andere Theater nicht gefährden.

Auch das Neubaukonzept des Volkstheaters Rostock mit seinen wirtschaftlichen Effekten blieb durch die METRUM GmbH gänzlich unberücksichtigt.

Letztlich laufen alle Modelle auf eines hinaus: Die Rettung des Schweriner Theaters auf Kosten der Rostocker Bühne. Rostock soll weiterhin seinen hohen kommunalen Anteil von ca. 8 Mio. Euro jährlich einbringen, aber nur noch die Hälfte des bisherigen Angebotes erhalten. Und an möglichen Defiziten der neuen Gesellschaft wäre Rostock weiterhin beteiligt. Das ist kein Zukunftsmodell, weder für das Volkstheater Rostock noch die Finanzen der Hansestadt Rostock.

Daher bedarf es eines neuen Modells, das hiermit zur Diskussion gestellt wird:

1. Rostocker Modell - Landesdebatte

  1. Der strategische Ausgangspunkt ist zu ändern: Strukturen folgen Aufgaben, Inhalten und Geschäftsfeldern.
  2. Die Datenbasis der METRUM GmbH ist zu korrigieren.
  3. Der Grundsatz „Konsolidierung eines Theaters nicht auf Kosten anderer Theater“ ist einzuführen und umzusetzen.
  4. Die Theater sind in eine strategische Landesentwicklung von M-V als Tourismus-, Gesundheits- und Kulturland einzubetten.
  5. Eine Kulturentwicklungsplanung des Landes ist einzufordern und zu erarbeiten.
  6. Die Kulturwirtschaft ist, unter Einbeziehung der Theater auszubauen.
  7. Alle Theater in M-V erarbeiten Alleinstellungsmerkmale.
  8. Mehrspartentheater sind in mindestens drei Regionen von M-V bereit zustellen, unter Berücksichtigung beider Landesteile.
  9. Die Kooperationen aller Theater in M-V sind zu erweitern, untereinander und mit Dritten.
  10. Die Angebote der Theater in M-V sind untereinander abzustimmen (Spielplanabstimmung) sowie mit der Tourismuswirtschaft zu verbinden.
  11. Das Finanzierungsmodell der Theater M-V ist neu zu gestalten.

2. Rostocker Modell – Volkstheater Rostock

  • Für Rostock ist ein finanzierbares zeitgemäßes Theater zu entwickeln, das in der Bevölkerung akzeptiert wird und in die Stadtgesellschaft hinein wirkt.
  • Beim VTR soll es sich um ein vor Ort produzierendes Theater mit eigenem Ensemble und Sparten übergreifendem Angebot handeln (autonomes Stadttheater).
  • Es sind Kooperationen inner- und außerhalb von M-V sowie mit lokalen Akteuren einzugehen.
  • Der Theaterneubau ist zügig umzusetzen, bei Mitfinanzierung des Landes
  • Die Kommune Hansestadt Rostock ist mehrheitliche Rechtsträgerin der VTR GmbH. Minderheitsbeteiligungen durch das Land, andere Kommunen, Theater oder Private sind möglich.
  • Das VTR entwickelt ein ambitioniertes künstlerisches Programm.
  • Einnahmen sind zu steigern und Ausgaben zu optimieren.
  • Umgehend ist ein Haustarif bis zum Jahr 2020 abzuschließen.

3. Finanzierungssäulen der Theater in M-V

  1. Zuschuss der Theaterträger (Kommunen, evtl. Dritte)
  2. Zuweisung von FAG-Mitteln unter Berücksichtigung des Einwohnereinzugsbereichs,der finanziellen Beteiligung der Theaterträger und der zahlungswirksamen Aufwendungen laut Wirtschaftsplan
  3. finanzieller Beitrag des Landes, der nicht aus dem Vorwegabzug kommunaler Mittel (FAG) resultiert, zu vergeben auf Basis von Zielvereinbarungen zwischen Theaterträgern und Land, zu finanzieren über Steuermehreinnahmen (z.B. 10 % der Mehreinnahmen aufgrund der Erhöhung der Grunderwerbssteuer)
  4. Verbreiterung der kommunalen Finanzierungsbasis durch Einbeziehung der Landkreise
  5. Einnahmeerhöhung / Kostenoptimierung in den Theatern

4. Rostocker Handlungsbedarf - Nächste Schritte

  • Die Verhandlungen mit dem Land sind umfassend vorzubereiten, unter Aufstellung einer fachlich starken Verhandlungsgruppe.
  • Die unter „Rostocker Modell“ genannte Herangehensweise ist durch eine selbstbewusste Rostocker Verhandlungsführung einzufordern.
  • Das VTR entwickelt bis Ende Januar Grundzüge der inhaltlichen Erneuerung des VTR.
  • Bei der derzeit laufenden Ausschreibung eines Intendanten (Bewerbungsschluss 21.12.12) ist eine Person mit innovativem Konzept auszuwählen. Bewerbern mit konzeptionellen Ansätzen ist ggf. eine Fristverlängerung für eine Vertiefung ihres Konzeptes zu gewähren.
  • Die AG Theaterneubau ist umgehend einzuberufen.
  • Das VTR hat bis zum Sommer 2013 ein inhaltliches Theaterkonzeptes unter Entwicklung eines Alleinstellungsmerkmals vorzulegen.
  • Aus dem Konzept sind, in Verbindung mit den bereits beschlossenen Konzepten, die erforderlichen Strukturen abzuleiten.
  • Die Ergebnisse sind der Öffentlichkeit zur Debatte vorzulegen, bevor sie durch die Bürgerschaft beschlossen werden.

Dr. Sybille Bachmann, Vorsitzende der Fraktion Rostocker Bund/Graue/Aufbruch 09

Montag, Dezember 31, 2012

Ein klares Wort

*
"Ausdruck für unser Versagen
- auch des Berliner Ensembles oder vielleicht des Theaters generell -
ist die traurige Tatsache,
dass wir in Afghanistan und auf dem Balkan Kriege führen
und die Künstler dazu schweigen."
*

Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, in der Berliner Zeitung, zitiert im Neuen Deutschland vom 31.12.2012

Viel zu spät spricht es einer (ein Einziger!) aus, was dem Theater nicht nur in Rostock fehlt, was es so zusammenstreichbar und entbehrlich macht: Der fehlende gesellschaftliche Bezug.

Wenn zu DDR-Zeiten die Theater voll waren, dann lag das nicht nur daran, dass sich jedermann Theaterkarten leisten konnte, dass oft auch gemeinsame Besuche organisiert wurden, dass Theatermacher keinerlei finanziellen Nöte hatten - es lag vor allem daran, dass sich DDR-Theater nie im luftleeren Raum abspielte, sondern immer engagierte, kritische Gesellschaftsbezüge hatte.

Wann endlich nutzen JETZT die Künstler jene Bühnen, die sie NOCH haben?

Ein Nachtrag: Heute erschien in das-ist-rostock ein Artikel, der das gleiche Problem anspricht (http://www.das-ist-rostock.de/artikel/48655_2013-01-02_volkstheater-ins-affenhaus/) und den wir auszugsweise hier zitieren:

Profilierung muss sein. Das Berliner Gorki-Theater z. B. beteiligt sich mit zeitgenössischen Stücken erfolgreich am gesellschaftlichen Diskurs, das Berliner Ensemble füllt das Haus mit Brecht, die Distel pflegt akzentuiertes politisches Kabarett und die Stachelschweine Comedy, na ja. Why not? [...]

Die Chance des Theaters ist, anders zu sein als die.. modernen Medien. Ort der Begegnung, der Interaktion, des Dialogs, offen für Fragen der Bürger, lebendig und nah zum Anfassen. Eine Alternative zu den öffentlichen und verkabelten Räumen. Die moderne Kommunikation, so behaupten ihre Frontleute, führe die Menschen zusammen. In Wahrheit trennt sie sie, schafft Distanz bis zur Vereinsamung. Wer heute Theater mit tradierten Programmen macht und nicht auf seine Besucher zugeht, verliert diese. [...]

Dass sich Bewohner der Plattenbausiedlungen des Nordwestens und Nordostens kaum im Theater sehen lassen, versteht sich, leider. MV hat einen Anteil von 12 Prozent Hartzer an der Bevölkerung. [...]

Das Theater mit seinen Besuchern ist ein Indikator für die Unversehrtheit unserer Gesellschaft. [...]

Den Menschen, die an den Stadtrand verbannt werden, ist nicht nur der Weg ins Theater zu weit und zu teuer; vielen fehlt auch das Bedürfnis nach Bildung. Sie gehören zu den Abgehängten, den Ausgeschlossenen, den Exkludierten, so der Terminus der Soziologen und Städteplaner. Es geht ja nicht darum, dass sie die Besucherbilanz des Volkstheaters aufbessern, nicht um Kunst um der Kunst willen. Es geht vor allem darum, dass Kunst und Bildung sie zu Bürgern macht, die fähig zur Demokratie sind. Die in der Lage sind, mitzubestimmen, was dem Gemeinwohl der Stadt dient. [...]

KRIEG spricht abschliessend die Rostocker Kommunalpolitiker an ("Ein weites Feld tut sich vor unseren Kommunalpolitikern auf"). Ich hingegen erwarte (ohne die Politiker aus ihrer Verantwortung entlassen zu wollen) vor allem von den THEATERMACHERN, dass sie endlich ihre gesellschaftliche Unentbehrlichkeit praktizieren. In jeder Sparte, mit jedem Stück, auch außerhalb der Bühne... Erst wenn das Theater unverzichtbar geworden ist, können wir die (Kommunal-) Politiker fragen, warum sie nicht mehr fürs Theater im Besonderen und für die Kultur generell tun, erst dann ist Kultur wirklich Mehrwert und zugleich Indikator für den Zustand unserer Gesellschaft!

Posted by Dr. Günter Hering at 18:18
Edited on: Mittwoch, Januar 02, 2013 17:58
Categories: Bürgermeinungen, Inszenierungen, Konzeption(en), Kultur ist Mehrwert, Spielplan, Stadt Rostock, Zuschauer

Sonntag, Dezember 30, 2012

EVENT statt KULTUR

Die Ostsee-Zeitung meldet:

/OZ/LOKAL/HRO vom 27.12.2012 20:21

Berliner bietet Hansestadt Theaterarena an

Rund um die Spielfläche könnten mehr als 1800 Besucher bei ganz unterschiedlichen Veranstaltungen Platz finden.

Rostock (OZ) - In der Diskussion um ein neues Theater in Rostock bietet ein Berliner Theatermann der Hansestadt ein fertiges Konzept für einen Neubau an. Nicht einmal 20 Millionen Euro solle seine „Piscator Medienarena“ kosten, kündigt Frank Burckner (82) an.

Er leitete 13 Jahre lang das ForumTheater am Kurfürstendamm in Berlin und war mit großen Produktionen europaweit unterwegs. Das Konzept des „ersten Multi-Visionstheaters auf der Welt“ liege fertig in der Schublade und müsse Rostocker Verhältnissen angepasst werden.

Volkstheater-Geschäftsführer Stefan Rosinski ist skeptisch.

EVENT statt KULTUR.

GROSSE PRODUKTIONEN.
MULTIVISION
Das alles brauchen wir in Rostock dringendst! Richtiges Theater hingegen wohl weniger.
Die Stadthalle können wir dann auch gleich zumachen. War ja schon einmal beabsichtigt.

Freitag, Dezember 07, 2012

Ein Theater, das auf seinem Blog seit mehr als ein halbes Jahr schweigt...

Wie wichtig sind dem Theater Rostock, genauer der Theaterleitung, die Zuschauer?

Der letzte Eintrag im VTR-Blog (blog.volkstheater-rostock.de) datiert vom 9. Mai 2012 und beinhaltet die Pressemitteilung "Intendant wird Vertrag nicht verlängern". Mal abgesehen davon, dass einer Vertragsverlängerung beide Seiten, also der Intendant und die Stadt, zustimmen müssten - warum ist nach dieser Mitteilung absolute Sendepause?

Kein Wort davon, dass Roznos geht.
Kein Wort davon, wie man Besucher gewinnen will (wer sich die Anzahl der verkauften Karten ansieht, dem wird übel).
Kein Wort davon, warum das Große Haus im Dezember (!) an so wenigen Abenden bespielt wird.
Kein Wort davon, warum es so viele Ausfälle bzw. kurzfristige Änderungen im Spielplan gibt.
Kein Wort davon, warum der Spielplan so und nicht besser aussieht.

Kein Wort davon, warum man nicht mit seinen potentiellen und den Noch-Zuschauern ins Gespräch kommen will.

Auf dem VTR-Blog findet sich ein Kommentar als Antwort auf Statement des Intendanten Peter Leonard zu den Presseberichten der letzten Wochen (http://blog.volkstheater-rostock.de/2011/09/statement-des-intendanten-peter-leonard-zu-den-presseberichten-der-letzten-wochen/#comments), den ich nachstehend zitiere (kursiv gesetzter Text):

Die Mehrheit der Betroffenen sagt am Dienstag, 13. September 2011 um 17:49:

Absender: die Mehrheit der Betroffenen

Forderung: die sofortige Absetzung von Peter Leonard, Intendant des Volkstheaters Rostock.

  • Peter Leonard muss aufhören – damit das Theater endlich in der Öffentlichkeit ein klares künstlerisches Profil präsentieren kann.
  • Peter Leonard muss aufhören – damit die künstlerischen Leistungen der Sparten verwirklicht und gesteigert werden können.
  • Peter Leonard muss aufhören – damit die Besetzung der wenigen vakanten Stellen nach Kriterien erfolgen kann, die den Anforderungen des Hauses gerecht werden.
  • Peter Leonard muss aufhören – damit das Volkstheater für seine Besucher wie Mitarbeiter attraktiv wird.
  • Peter Leonard muss aufhören – damit das Volkstheater von seinen verkrusteten Strukturen befreit wird und effektiv arbeiten kann.
  • Der Führungsstil Peter Leonards ist uninspiriert, entscheidungsscheu und stellt die Interessen der Politik vor die Interessen des Volkstheaters.

Vielleicht liegt hier ein Mißverständnis vor? Der Schreiber des Vorstehenden hat doch nicht gefordert, dass das Theater oder auch nur sein Blog aufhören soll!

Posted by Dr. Günter Hering at 18:34
Edited on: Samstag, Dezember 08, 2012 19:13
Categories: Bürgermeinungen, Inszenierungen, Konzeption(en), Marketing, Personal, Zuschauer

Donnerstag, Dezember 06, 2012

Immer nur "Entweder Neubau oder Niedergang"?

Die Ostseezeitung meldet am 03.12.2012:

Theater: Verzweifelter Appell

Kröpeliner-Tor-Vorstadt (OZ) - Die beiden Vereine Freunde und Förderer des Volkstheaters und die Philharmonische Gesellschaft wenden sich heute mit einer gemeinsamen Erklärung an die Mitglieder der Bürgerschaft. Sie wollen sie ermutigen, „in den anstehenden Auseinandersetzungen mit den Vertretern des Kultusministeriums für ein eigenständiges Stadttheater mit vier Sparten und die Norddeutsche Philharmonie in mindestens ihrer jetzigen Größe zu kämpfen“.

Die beiden Vorsitzenden Antje Jonas und Thomas Diestel haben den Brief unterschrieben. Sie betonen: „Die Fusion mit dem Staatstheater Schwerin halten wir für unannehmbar, da unserem Volkstheater die Chance auf eine weitere selbstbestimmte und zeitgemäße Fortführung seiner Stadttheatertradition genommen würde.“

Seit Jahren produziere das Volkstheater unter schwierigsten Bedingungen, so die beiden Vorsitzenden. Jetzt habe die seit längerem andauernde Rostocker Theaterkrise durch die kürzlich veröffentlichten Modelle zur Weiterentwicklung der Theater- und Orchesterlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern eine weitere Verschärfung erfahren. Die Zeit arbeite angesichts der Gesamtsituation inzwischen gegen die Rostocker Bürger, die im Interesse einer kultivierten Stadtgesellschaft heute und künftig nicht bereit sind, auf ihr Stadttheater zu verzichten. „Gelingt es nicht, kurzfristig den Neubauprozess in Gang zu setzen, besteht die sehr reale Gefahr einer Insolvenz und des endgültigen Niedergangs des Volkstheaters Rostock.“

Da gibt es in Rostock zwei Vereine mit anspruchsvollen Zielstellungen, aber in ihren öffentlichen Verlautbarungen tauchen immer nur zwei Aussagen bzw. Forderungen auf: (a) Mehr Geld für das 4-Sparten-Theater, (b) Neubau so schnell wie möglich! Reicht es wirklich aus, sich auf diese beiden Forderungen zu beschränken?

Die aktuelle Misere hat doch viele Ursachen:

  • Wohl an erster Stelle ist die unzureichende Akzeptanz des Theaters / seiner Angebote bei der Rostocker Bevölkerung zu nennen. Wäre es anders, hätte man z.B. dem OB nicht das dreiste Stück einer so abrupten und so langen Schließung des Großen Hauses mit seiner Wiederwahl honoriert.
  • Der aktuelle Spielplan lockt wirklich kaum einen Hund hinterm warmen Ofen hervor. Das Große Haus bleibt viele Dezemberabende lang unbespielt, es gibt lediglich am Vormittag Kindervorstellungen. Die sind gut und wichtig, aber warum ist abends nichts los? Vor einem Jahr erklärte man uns das einleuchtend damit, dass im Zelt der Kulissenumbau zu arbeitsaufwendig sei. Aber jetzt? Gerade in der Vorweihnachtszeit gehen nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene besonders gerne ins Theater, finden aber viel zu wenig Angebote.
  • Die Aufführungen werden viel zu wenig beworben. Die Briefkästen der Rostocker Bürger quellen jeden Tag von Werbung über, aber Theaterwerbung war und ist bislang nicht dabei. Selbst wer im Internet jeden Tag über die Online-Informationen von NNN, OZ und das-ist-rostock wandert, findet viel zu wenig zum laufenden Theaterbetrieb (dafür aber jede (Horror-) Meldung über das Theaterdesaster (siehe oben zitierten Brief der beiden Vereine: motiviert der etwa zu einem Theaterbesuch?) und die stereotype Wiederholung, dass erst ein Neubau alles besser werden läßt
  • Herausragende Leistungen werden in der Öffentlichkeit viel zu wenig (kaum!) gewürdigt. Ich denke da an die Tanztheater-Inszenierungen oder an The Who´s Tommy. So lange die Roznos-Aufführungen weitgehend besucherfrei bleiben, ist es in meinen Augen geradezu eine Unverschämtheit, einen Theaterneubau zu fordern!

Dies alles und mehr ist aber als Kritik nicht vorzugsweise an den OB und die Bürgerschaft (wie es die beiden Theatervereine tun) oder an die Medien zu richten, sondern vor allem an die Betriebsleitung des Theaters. Aber davon spricht kaum einer. Auch nicht die beiden Vereine. Dabei könnten sie sich sehr handfest einbringen, beispielsweise vielschichtige Gesprächsrunden mit den Theaterakteuren und den Theaterbesuchern organisieren. Oder sich mit dafür einsetzen, dass die Hoteliers der Stadt und des Umlandes endlich erkennen, welche Werbewirkung die guten (aber auch nur die!) -Theateraufführungen entfalten können und gegebenenfalls den Gast motivieren, eine Nacht länger zu bleiben. Oder andere Aspekte des Mehrwertansatzes von Torsten Koplin aufgreifen und zu beleben suchen. Oder, oder, oder...

Posted by Dr. Günter Hering at 18:50
Edited on: Freitag, Dezember 07, 2012 19:01
Categories: Inszenierungen, Konzeption(en), Kultur ist Mehrwert, Marketing, Personal, Theaterneubau

Samstag, Dezember 01, 2012

Auf ein Neues!

Als das Konzept für diesen kleinen Theaterblog entstand, aus der schlimmen Misere um das Rostocker Volkstheater, hatte es sich relativ schnell auch wieder erübrigt, weil ein viel besserer, leistungsfähiger, "richtiger" Blog entstand (www.vtr-blog.de). Den gibt es leider nicht mehr und so soll hier versucht werden, diesen Mini-Blog wiederzubeleben. Inhaltlich gibt es schließlich genug zu berichten.

Auch wenn die benutzte Software (www.thingamablog.de) keine Kommentarfunktion ermöglicht, freue ich mich über jede Meinung, jede Zuschrift, jeden Kommentar: Mailen Sie einfach Ihren Text an theater-rostock@freenet.de! Ich werde ihn "händisch" einstellen! Anzumerken gibt es schließlich genug, aus lokaler Sicht, landes- und auch bundesbezogen.

Denn diese Gesellschaft hat zwar viel Geld für Militäreinsätze, für Bankenrettungen, für "Griechenlandhilfe" (mit der dann u.a. Grenzanlagen ausgebaut und U-Boote eingekauft werden) und viele andere fragwürdige Aktivitäten, aber kaum noch für Kultur. So verfaulten die Stralsunder "Ur-Boote", verschimmelten die Stralsunder Archivalien, schließen kleinere Bibliotheken und Museen und die Theaterlandschaft sieht auch immer trauriger aus.

"Erstaunlich, mit welcher Geduld die Bürger dies hinnehmen. Bauer sucht Frau, Dschungelcamp etc. zahlen sich anscheinend aus", schreibt Benno Thiel in seinem OZ-Leserbrief vom 28.11. ("Wie wärs mal mit der Wahrheit), wenngleich in einem etwas anderen Zusammenhang. Paßt aber auch hier!

Im Ergebnis gibt es aber auch schlimmes Denken wie in diesem Leserbrief von Herrn Schulze:

"Danke Herr Brodkorb

Das Theater um die Theater geht weiter. Aber sind es im Land nicht sogar drei Theater? Zwei für die „Schönen und Reichen", zumeist aus den Wüstenländern West zugereist und eines „Volkstheater" genannt in Schweriner Schloß! Der Minister möge mir bitte einmal plausibel erklären, welche Arbeiterfamilie sich noch einen Theaterbesuch leisten kann.

Bei den Hungerlöhnen im Land kann sogar eine Busfahrt zu teuer sein. Zutritt zum Schweriner Volkstheater haben eh nur ausgewählte Abgeordnete welche das reale Leben im Lande überhaupt nicht kennen und es auch nicht kennen wollen.

Ich bin dafür dass sofort alle Theater geschlossen werden und das eingesparte Geld in lukrative Arbeitsplätze für Hartz IV Empfänger verwendet wird. Wie gesagt, für Hartz IV Empfänger und nicht ARGE-Seilschaften..."

Was kommt als nächstes? "Wenn ich das Wort Kultur höre, entsichere ich meinen Revolver" - das hatten wir schon einmal und als es endlich zu Ende war, gab es nur eine Meinung: NIEMALS WIEDER!

Aber je weniger die Gesellschaft für Kultur übrig hat, umso kulturloser wird sie. Lasst uns dagegen gemeinsam angehen!

Donnerstag, November 22, 2012

OB widerspricht Volkstheater-Beschlüssen

Die NNN berichtet:

22. November 2012 | 21:55 Uhr | Von: tohi

Rostocks OB Roland Methling.

Die Mitarbeiter des Volkstheaters müssen erneut um ihren Arbeitsplatz zittern: Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) hat Widerspruch gegen die jüngsten Rettungsbeschlüsse der Bürgerschaft eingelegt. Die sahen zum einen vor, dass Rostock der Theater GmbH in seiner Funktion als Gesellschafter im kommenden Jahr bis zu 1,3 Millionen Euro zahlt, um eine Insolvenz abzuwenden. Zum anderen sicherten sie den Angestellten der Bühne 3,5 Prozent mehr Lohn zu - wie es der mittlerweile außer Kraft gesetzte Tarifvertrag vorsah.

Als Begründung für seine Widersprüche führt Methling fehlende Angaben der Bürgerschaft dazu an, aus welchen Quellen die Stadt die 1,3 Millionen Euro decken soll. Außerdem sei es nicht Aufgabe des Gesellschafters, über Lohnerhöhungen zu verhandeln, sondern die der Geschäftsführung. Und im Personalüberleitungsvertrag, der mit dem Wechsel in den Gaststatus des kommunalen Arbeitgeberverdands in Kraft getreten ist, sei eine Dynamisierung der Gehälter nicht vorgesehen.

Die Bürgerschaft reagiert verärgert auf das Vorgehen des Stadtoberhaupts. "Diese Widersprüche gefährden das Theater", sagt Eva-Maria Kröger, Fraktionschefin der Linken. Sie wirft Methling vor, die Bühne zu zermürben. "Er sollte endlich dazu übergehen, dem Theater zu helfen. Seine Widersprüche sind willkürlich und die Gründe nicht nachvollziehbar", sagt sie. Dr. Steffen Wandschneider, SPD-Fraktionsvorsitzender, kritisiert Methling ebenfalls. Er sagt: "Die erneute Blockade gefährdet die finanzielle Handlungsfähigkeit." Leidtragende sind die Angestellten, die jetzt nicht einmal mehr sicher wissen, ob sie im nächsten Jahr noch einen Arbeitgeber haben. "Die Zeit drängt", so Wandschneider.

Das gilt auch für die langfristige Sicherung des gesamten Spielbetriebs. In diesem Zusammenhang sollte der Haustarif eine der tragenden Säulen bilden. Die Gewerkschaften hatten den Verhandlungen zuletzt allerdings trotz der Bürgerschaftsbeschlüsse eine Absage erteilt. Unter anderem, weil sie der Verwaltung vorwerfen, den bis 2018 angestrebten Neubau nicht voranzutreiben. Ihnen fehle ein klares Bekenntnis sowie Finanzierungskonzept für das Vorhaben.

"Die Absage der Gewerkschaften an die Einführung eines Haustarifvertrags ist ebenso kontraproduktiv wie das Verhalten des OB", sagt die Grünen-Fraktionschefin Simone Briese-Finke. Das spiele dem Stadtoberhaupt und seiner theaterfeindlichen Haltung in die Hände. Sie will mit ihrer Fraktion und gemeinsam mit den Stimmen der anderen Bürgerschaftsmitglieder den Widerspruch von Methling auf der Sitzung am 5. Dezember zurückweisen.

Leserkommentare

MICHAEL DR. BOLZ 23.11.2012 07:22; OB widerspricht Volkstheater-Beschlüssen

Wieder einmal führt Rostocks OB formale Gründe an, nach denen er sich genötigt sieht, dem Theaterkonzept der Rostocker Bürgerschaft zu widersprechen. Darüber kann man nur noch den Kopf schütteln. Man fragt sich, wer diesen OB überhaupt gewählt hat, mutmaßlich keine Theaterbesucher. Im übrigen ... ich habe den OB noch nie im Theater gesehen ...

HEIKO HEIMLICH 23.11.2012 11:31, Intriganter Langzeitplan

Methlings Handeln wird vorrangig von den Interessen der Immobilien-"Lobby" bestimmt (in zweiter Instanz auch von den Wünschen der Tiefbauer). In bezug auf das Große Haus äußerte er schon vor Jahren, dass es spätestens 2015 abgerissen werde und deshalb eine brandschutztechnische Sanierung nicht lohne.

Mit dem Neubau-Standort im Stadthafen will er die dortigen Flächen deutlich aufwerten. Zerschlägt er jetzt das Theater, kann er seinen Plan durchsetzen, das Große Haus 2015 abzureißen: Wozu stehen lassen, wenn doch nicht mehr gespielt wird? Und weil dann Rostock mehrere Jahre lang zur Theaterwüste geworden ist, erhofft er sich mehr Landes- (und gegebenenfalls auch Bundes-) Fördermittel für einen "Neuanfang" durch den Stadthafen-Neubau. Egal ob er dann noch OB ist oder nicht.

Werden sich die Rostocker diesen intriganten Plan gefallen lassen?

Donnerstag, Oktober 25, 2012

Bürgermeinung: Es fehlt an einem realistischen Konzept

Angesichts des von den Verantwortlichen verursachten Theaterdilemmas kann es nicht wundern, dass es Reaktionen wie die nachstehend gibt:

OZ-Leserbrief vom 25.10.2012 14:09

Sehr geehrte Frau Jonas

Manchmal fällt es einem schwer, die Ruhe zu bewahren. Sie sprechen für einen 150-köpfigen Theaterfreundekreis und fordern eine Investition von über 50 Mio. Euro. Diese Investition würde den Großraum Rostock und damit ca. 500 000 Menschen betreffen. Ich helfe Ihnen beim Rechnen. 100 Euro ca. pro Einwohner wären das, die Sie da so selbstverständlich einfordern. Dass es mehr Theatergänger, als die genannten 150 Personen gibt, ist klar. Aber Sie sind trotzdem eine überschaubare Minderheit.

Laut einer Untersuchung der Uni Rostock (die mittlerweile ca. 10 Jahre alt ist), gehen ca. 20 Prozent der volljährigen Rostocker mindestens einmal im Jahr ins Theater. Wenn dem so ist, haben Sie dort die Gruppe, die SIE zur Kasse bitten können, aber bitte lassen Sie den Rest mit Ihrem Hobby in Ruhe. Eine Einmalabgabe pro Theatergänger in Höhe von 500 Euro, und das Thema wäre durch (Ironie!). Überhaupt: Warum hört man Ihren Namen nie im Zusammenhang mit realistischen Konzepten? Mit Plänen, die Ökonomie, Inhalt, Demographie in einer vertretbaren Art und Weise unter einen Hut bringen? Wenn ich auch nur den Hauch einer Möglichkeit hätte, würde ich Ihnen meine 100 Euro nicht geben.

schreibt Andreas Werner aus Rostock

Pläne, die Ökonomie, Inhalt, Demographie in einer vertretbaren Art und Weise unter einen Hut bringen - sie sind nicht einfach, aber machbar! Aber wer kann und wer will sie denn?

Posted by Dr. Günter Hering at 16:22
Edited on: Mittwoch, Dezember 05, 2012 16:47
Categories: Bürgermeinungen, Finanzen, Konzeption(en)

Dienstag, Oktober 23, 2012

Rostocks mühsamer Weg zum neuen Volkstheater - kein Kommentar

Die NNN berichtet in ihrer Ausgabe vom 23. Oktober 2012 folgendes:

Ein großes Fest soll es werden, bei dem Rostock sich selbst feiert und alles zusammenkommt, was an der Warnow Rang und Namen hat. Schon jetzt verhandeln Stadtpolitiker um die Plätze in der ersten Reihe, wenn das neue Rostocker Volkstheater eröffnet wird. 2018, zur Feier des 800-jährigen Stadtjubiläums. Dass das neue Haus zu dem Termin aber tatsächlich stehen wird, ist mittlerweile mehr als fraglich.

In der Zwickmühle - und zwar mehrfach

Denn weder der Standort ist klar noch gibt es eine Kostenschätzung oder ein Finanzierungskonzept. Ungewiss ist auch, wie vielen Künstlern und Sparten der Neubau Platz bieten muss, solange die Debatte auf Landesebene zur Theaterstruktur nicht abgeschlossen ist. Ein Großteil der dort vorgeschlagenen Modelle setzt aber einen Theater-Neubau in Rostock voraus. Und den machen auch die Gewerkschaften zur Bedingung für einen Haustarif - der nötig ist, um die akut drohende Pleite abzuwenden. Rostock steckt gleich mehrfach in einer Zwickmühle und tut dennoch kaum etwas, um sich daraus zu befreien.

Dabei sehen Bürgerschaft und Verwaltung sich gegenseitig in der Verantwortung für den Stillstand. "Die Bürgerschaft hat alle Beschlüsse getroffen", sagt deren Präsidentin Karina Jens (CDU) über den Weg zu einem Bühnen-Neubau. Die meisten Fraktionen sind ebenfalls der Meinung, nun sei die Verwaltung am Zug, konkrete Vorschläge zu machen, wie und wo ein Neubau umzusetzen wäre, und durchzurechnen, wie viel das kostet. Oberbürgermeister Roland Methling (parteilos) und das ihm unterstellte Planungsamt liefern aber seit Monaten keine Ergebnisse und blockieren damit den Neubau-Prozess.

Stattdessen rechnet Methling den Fraktionen vor, dass Rostock sich das Theater in seiner jetzigen Struktur nicht mehr leisten könne und seine Entwicklung dadurch gehemmt sei. "Möglich wäre eine Reduzierung von einem Vier- auf ein Zwei-Sparten-Theater", schlug der OB jetzt im Finanzausschuss vor - und damit der Bürgerschaft ins Gesicht. Denn diese hatte bei der GmbH-Gründung und mit dem betriebswirtschaftlichen Konzept 2012 ein Vier-Sparten-Haus beschlossen.

Dass Methling seinen Vorschlag dennoch ins Spiel bringt, ist auch im Zusammenhang mit der Landesdebatte zu sehen, die zurzeit alle Diskussionen auf kommunaler Ebene überlagert. Das Kultusministerium lässt von den Kommunen als Theaterträger gerade neun Vorschläge für die künftige Bühnenstruktur in Mecklenburg-Vorpommern diskutieren, darunter verschiedene Fusionsmodelle. Gestern ließ Methling im Hauptausschuss durchblicken, dass er das Autonomie-Modell favorisiert. Angesichts der Landesdiskussion beginnt nun auch in der Bürgerschaft der Rückhalt für die vier Sparten zu bröckeln.

Ob sich Methling von seinem Zwei-Sparten-Vorschlag mit einem Seitenblick auf die Landesregierung die Chance auf eine finanzielle Förderung für einen Neubau verspricht, lässt er offen. Deutlich macht er aber, dass er im Windschatten der Landesdebatte die Chance sieht, die öffentlichen Zuschüsse für die Bühne weiter zu reduzieren. Die rund 17,5 Millionen Euro, die die Bühne jetzt bekommt, sollen bis 2018 jährlich um je eine Million mehr abschmelzen - auf schließlich 12,5 Millionen.

Für den künstlerischen Betrieb des Volkstheaters stellt das eine akute Bedrohung dar. Denn schon jetzt hat die GmbH ein Minus von 1,3 Millionen Euro. "Ohne finanzielle Hilfe von der Stadt könnte ich zehn Stellen im Schauspielbereich nicht nachbesetzen, müsste die Etats für Gastkünstler, Ausstattung und Investitionen immer weiter kürzen", sagt Geschäftsführer Stefan Rosinski.

Der schleichende Tod droht

Die Folge: Ab Herbst 2013 könnte das Theater keine Neuproduktionen mehr zeigen, würde damit immer weniger Besucher anlocken, und so die FAG-Mittel immer weiter drücken. Alles zusammen würde den schleichenden Tod der Bühne bedeuten.

Ohne Kunst und Künstler, die einen Neubau mit Leben füllen, bräuchte Rostock sich aber nicht mehr über einen Standort oder eine Finanzierung zu streiten - und könnte sich schon jetzt um einen alternativen Saal für den Festakt zum Stadtjubiläum umsehen.

Mittwoch, Juni 20, 2012

Theaterneubau - wie ernst muss man das nehmen?

Die Ostsee-Zeitung vom 20. Juni 2012 berichtet:

Bürgerschaft genehmigt Neubauentwurf für Volkstheater

Die Pläne für den Bau des neuen Theaters in Rostock nehmen Form an.

Rostock (dpa/mv) - Die Rostocker Bürgerschaft hat am Mittwoch mit großer Mehrheit den Entwurf für den Bau eines neuen Theatergebäudes genehmigt. Bis 2018 soll das neue Gebäude mit zwei Bühnen auf insgesamt knapp 12 400 Quadratmeter Fläche fertig sein. 56 Millionen Euro sollen nach heutigen Berechnungen investiert werden, sagte der Verwaltungschef des Volkstheaters, Stefan Rosinski, der für die Pläne verantwortlich zeichnet. Der große Saal werde knapp 800 Plätze bieten, der kleine rund 320. Für Rosinski stellt das Konzept in realistischer Weise die Grundlage für den Betrieb eines mittelgroßen Stadttheaters dar. Unklar ist allerdings nach wie vor der Standort des Theaters, drei Flächen in der Stadt sind in der Diskussion.

Die Grüne-Fraktion kritisierte, dass die Finanzierung des Hauses nicht gesichert sei. Schon in der Vergangenheit habe es in Rostock Großprojekte wie beispielsweise die Internationale Gartenausstellung IGA gegeben, für die Millionen ausgegeben wurden und die sich nicht refinanziert hätten. Zudem müssten für den Betrieb des Theaters 24 neue Stellen geschaffen werden.

Nach Ansicht von Beobachtern ist das Konzept nur ein neues Papier, das als Grundlage für weitere Planungen genommen werden soll - auch wenn es realistischer sei als bisherige Konzepte. Problematisch sei auch, dass es keine Perspektive biete für die Zeit nach 2020, bis dahin läuft die Landesförderung für Theater. Wie die Förderung danach aussieht, ist nicht bekannt.

Seit 1942, als das Volkstheater durch Bomben zerstört wurde, muss sich Rostock mit einem zum Theater umgebauten Provisorium als Hauptspielstätte begnügen. Das Gebäude kann nicht die heutigen Ansprüche an ein modernes Theater erfüllen. Das Große Haus war Ende Februar 2011 wegen erheblicher Mängel beim Brandschutz geschlossen worden, es soll mit Beginn der neuen Spielzeit im Herbst wieder zur Verfügung stehen.

Anmerkungen und Fragen:

  • Zwei Bühnen mit 800 + 320, insgesamt also 1120 Plätzen - das soll auslastbar sein?
  • 56 Millionen Baukosten und zusätzlich 24 neue Stellen - wie kann das finanziert werden? Selbst wenn an jedem Spieltag 1120 Besucher kämen - die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittkarten reichen bekanntlich nicht zur Finanzierung des Spielbetriebes, geschweige denn zur Refinanzierung der Baukosten
  • Bis zum Überdruß wird wiederholt, das Große Haus könne "nicht die heutigen Ansprüche an ein modernes Theater erfüllen". Bis zum Überdruß ist dieser unzutreffenden Sichtweise entgegenzuhalten: (1) Wäre das urspüngliche Theater nicht durch Bomben zerstört worden, könnte es keine besseren Bedingungen für "heutige Ansprüche" bieten. (2) Die Theatergeschichte kennt unglaublich viele Beispiele dafür, dass unter sehr schlechten räumlichen Bedingungen ganz großes Theater gespielt wurde. Und daran kann und muß sich Rostock ein Beispiel nehmen! Wenn es dann zur Belohnung für dauerhaft herausragende Qualität einen Neubau gäbe, wäre dies sehr schön. Aber der Neubau darf und kann keine Bedingung für Qualität sein!

Mittwoch, Mai 23, 2012

"Das Volksstheater im 21. Jahrhundert" - Visionen der Kultursenatorin

Kaum hat der Intendant des Volkstheaters endlich sein Konzept abgeliefert, schon wird es durch ein Ideenpapier der zuständigen Senatorin ergänzt / konterkariert / in Frage gestellt. Offenbar passen die beiden Materialien nicht ausreichend zueinander, denn sonst gäbe es ein gemeinsames Konzept.

Die NNN berichtet am 23. Mai 2012 folgendes:

Für die zukünftige inhaltliche Ausrichtung des Volkstheaters hat auch Kultursenatorin Liane Melzer (SPD) schon Impulse gegeben. Sie finden sich in einem Ideenpapier mit dem Titel "Das Volkstheater Rostock im 21. Jahrhundert", das unter anderem in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Bürgerschaftspräsidenten und Rostocker Beauftragten für Stasi-Unterlagen, Christoph Kleemann, entstand. Einen Schwerpunkt legt das Melzer-Papier auf den künstlerischen Nachwuchs. Er soll frischen Wind ins Volkstheater bringen. So schwebt der Senatorin eine Orchesterakademie an der Norddeutschen Philharmonie vor. Damit verbunden ist eine engere Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater.

Im Schauspiel sollen mehr Ur- und Erstaufführungen den Spielplan bereichern. "Der Höhepunkt der Entwicklungsarbeit könnte sich alle zwei Jahre in einem für Deutschland einzigartigen durchzuführenden Event mit dem Namen ,Woche der neuen Dramatik’ manifestieren", heißt es in Melzers Konzept. Die Kultursenatorin setzt insbesondere in diesem Punkt auf Unterstützung von Land und Bund. Weitere Ideen sind der Ausbau des Kinder- und Jugendtheaters, niederdeutsches Theater sowie eine Bürgerbühne, in der zum Beispiel Rostocker Senioren kreativ werden könnten.

In Melzers Vision ist das Volkstheater ein zugänglicher Ort. Öffentliche Proben und Gastronomien sorgen dafür, ebenso wie mehr Vorstellungen in den Stadtteilen und im Umland. Auch mit anderen Städten im Ostseeraum soll das Volkstheater zusammenarbeiten. "Hier gilt es, alle Förderprogramme der EU zu nutzen", so Melzer.

Die Frage der Finanzierung reißt die Senatorin in ihrem Papier nur an. Auch wenn sie sich vom Theaterneubau einen Anstieg der Besucherzahlen - und damit des Kostendeckungsgrades - verspricht, sagt sie mit Blick auf die eingefrorenen Landeszuschüsse und die Personalkosten: "Der derzeit errechnete Sockelbetrag von 19,8 Millionen Euro wird nicht ausreichen, um den Spielbetrieb in der jetzigen Form absichern zu können."

Anmerkungen:

  • Die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Rostocker Beauftragten für Stasi-Unterlagen ist ganz sicher eine Garantie für die Qualität des Melzer-Papiers (wo sind wir eigentlich hingeraten?).
  • Mehr Ur- und Erstaufführungen im Schauspiel: Neues um jeden Preis? Vielleicht nach dem Modell, einen Fontane-Roman zum Bühnenstück umzuarbeiten? Oder nicht doch aufbauen auf Bewährtem, dass zugleich noch immer tagaktuell ist? Spontan fallen mir da Lessings "Nathan", Hacks's "Frieden" und der "Drache" von Schwarz ein - eine sehr bescheidene Auswahl von vielen, vielen guten Stücken, die auch heute noch unter die Haut gehen, wenn sie richtig und nicht als Selbstverwirklichkeitsversuch des jeweiligen Regisseurs aufgeführt werden.
  • Ein für ganz Deutschland einigartiges Event "Woche der neuen Dramatik" umsetzen? Das wäre vielleicht zur Zeit von Perten ein anspruchsvolles Ziel gewesen, als das Rostocker Theater über die Stadt- und Landesgrenzen hinweg einen hervorragenden Ruf hatte. Unter den heutigen desolaten Bedingungen halte ich diese Zielstellung für eine maßlose Selbstüberschätzung.
  • Ist es nicht eine Milchmädchenrechnung, dass in ein größeres, neues Theatergebäude mehr Zuschauer gehen und dadurch mehr Einnahmen generiert werden? Hängt die Akzeptanz des (potentiellen) Publikums nicht eher vom Angebot und seiner Qualität ab? Wenn in den jetzigen kleinen Spielstätten so viele Sitzplätze leer bleiben, wie mag es dann in einem größeren Neubau aussehen?

Leonard's Theaterkonzept - bemerkenswerte Akzente und offene Fragen

Die NNN berichtet am 23. Mai 2012:

Dritter Anlauf: Leonard liefert Konzept

Die ersten beiden Konzepte von Intendant Peter Leonard wies der Aufsichtsrat zurück. Version drei setzt auf eine höhere Auslastung.

Nach drei Anläufen liegt jetzt das inhaltliche Konzept für die Ausrichtung des Volkstheaters von seinem Intendanten Peter Leonard vor. "Zukunft und Tradition" heißt das 15 Seiten lange Papier, mit dem Leonard den Weg für die Jahre 2012 bis 2018 weisen will. Der Intendant setzt darin auf die Zugpferde Orchester und Musiktheater. Sie sollen, zusammen mit Abstechern und Tourneen, mehr Besucher erreichen und die Einnahmen auf 1,6 Millionen Euro jährlich bringen.

Zuvor hatte der Aufsichtsrat des Volkstheaters Leonards Konzept schon zweimal zurückgewiesen. Die Politiker forderten vom Intendanten, seine inhaltlichen Vorstellungen in Einklang mit den betriebswirtschaftlichen Plänen zu bringen. Zwischenzeitlich soll Leonard sogar schon der Rausschmiss gedroht haben. Mittlerweile hat der Intendant bereits selbst angekündigt, seinen 2014 endenden Vertrag auslaufen zu lassen. Ob das jetzige Ergebnis seiner Arbeit den Erwartungen der Lokalpolitiker entspricht, wird sich zeigen, wenn das überarbeitete Papier zur Diskussion in die Gremien geht.

Es sieht vor, dass das Musiktheater pro Spielzeit sieben Premieren mit 105 Vorstellungen auf verschiedene Bühnen bringt. Das Gros davon soll im ertüchtigten Großen Haus präsentiert werden. Für die kommende Spielzeit sollen große, hochwertige Produktionen wie eine Wagner- und eine Mozart-Oper Publikumsmagnete werden. Das Orchester soll 74 Konzertaufführungen pro Spielzeit bestreiten, wobei Leonard mit den Philharmonischen Konzerten, den Konzerten für Teens und Classic-Light auf Bewährtes setzt.

In der Sparte Schauspiel ist Leonards erklärtes Ziel eine Erhöhung der Auslastung. Dazu will er, wie bereits von Theatergeschäftsführer Stefan Rosinski vorgeschlagen, das Schauspiel im Theater im Stadthafen konzentrieren. Mit 13 Premieren pro Jahr und einer durchdachten Stückauswahl sollen neue Zielgruppen erreicht werden. Der Intendant macht klar: "Eine Infragestellung der Jugendarbeit aus wirtschaftlichen Gründen findet aus klaren künstlerischen Gründen keine Anwendung." Auch eine Erhöhung der Spielfrequenz, wie sie Rosinski gefordert hatte, schließt er aus: "Die Besetzung der jeweiligen Abteilungen lässt das nicht zu."

Veränderungen will Leonard im Tanztheater anstoßen. "Hier ist eine neue programmatische Richtung geplant, mit dem Ziel, verbesserte Auslastungen zu erreichen. Werke mit erkennbaren thematischen Richtungen sollen dabei bevorzugt werden." Insgesamt soll das Ballett zwei Premieren und 42 Vorstellungen im Jahr bestreiten...

Fragen:

  • Orchester und Musiktheater (74 Aufführungen pro Spielzeit) als Zugpferde und im Großen Haus dominant?
  • Das Schauspiel im Theater im Stadthafen konzentrieren? In diesem kleinen und notgedrungen mangelhaft ausgestatteten Theater mehr Besucher durch insbesondere "neue Zielgruppen" erreichen? 13 Premieren pro Jahr?! Das wäre, die Theaterferien bedacht, weit mehr als eine Premiere pro Monat! Wo bleibt da die Qualität?
  • Im Tanztheater eine "neue programmatische Richtung" umsetzen? Welcher Art? Noch besser als Roznos mit seiner Truppe? Das dürfte doch völlig unrealistisch sein! Und warum beim Ballett nur zwei Premieren/Jahr gegenüber 13/Jahr im Schauspiel und 74 Konzertaufführungen pro Spielzeit? Das Musiktheater soll 105 Vorstellungen/Spielzeit realisieren, das Ballett nur 42/Jahr. Ist hier schon eine Abwicklung des Balletts "angedacht"?
Posted by Dr. Günter Hering at 16:03
Edited on: Mittwoch, Dezember 05, 2012 16:07
Categories: Konzeption(en), Personal, Sparten, Tanztheater